04 September 2014

Wahrheitswesen Wirksamkeit und die 3D-Zeit

Das lineare Denken beruht auf dem gängigen linearen Zeitverständnis (mathematisiert als kontinuierliche, reale Variabel, t), und das wird im Mainstream wissenschaftlichen Denken oder sonstwo nicht verstanden. Was soll das mit dem Gerede von der 'dreidimensionalen Zeit' oder gar von einer 'Zeitlichtung'? Wenn es hochkommt, gelingt das 'kritische', etwa ökologische Denken den Übergang von der linearen Zeit zur 'zyklischen Zeit' im Einklang mit der sog. 'Natur' (Stichwort: Nachhaltigkeit).

Vielleicht sollten wir uns die Frage: 'Was ist ein Elektron?' stellen. Das wäre ein interessanter Versuch, denn die Frage ist anscheinend eine philosophische. Aber wenn man herumschaut, wird es sofort klar, daß die Wissenschaft diese Frage eigentlich nicht stellt, denn sie sagt, das Elektron sei bloß eine 'Ladung von Kraft' (eine wissenschaftlich korrekte aber bei Licht gesehen oberflächliche Antwort) und beschreibt genealogisch die experimentelle 'Entdeckung' des Elektrons im Laufe des 19. Jh. durch die mathematische Physik (J.J. Thomson insbesondere) im Zusammenhang mit der Entwicklung einer elektromagnetischen Theorie durch Wissenschaftler wie Faraday und Maxwell. Ohne eine jahrelange mathematische Ausbildung ist es gar nicht möglich, diese sehr raffinierte Theorie zu verstehen, also kann man sie Außenstehenden nur allgemein und hoffentlich plastisch von Außen her beschreiben.

Auch wenn man einigermaßen kapiert, wie diese
mathematische elektromagnetische Theorie gebaut ist, bleibt nach wie vor die Frage nach der 'Ladung von Kraft' ungefragt. Um die Kraft zu verstehen, ist man zunächst auf Newton mit seinen drei einfachen mathematischen Kraft- bzw. Bewegungsgesetzen verwiesen. Newtons Verständnis der Kraft (_dynamis_) und der Bewegung (_kinaesis_ als Am-Werk-sein einer Kraft) jedoch ist letztendlich Aristotelisch. Er hat die Aristotelische Ontologie der Bewegung, in deren Zentrum der von Aristoteles geprägter Begriff der Energie (_en-erg-eia_) steht, übernommen und bloß mathematisiert. Die griechische Philosophie von Parmenides bis Aristoteles hat mit der Frage gerungen, "Warum ist überhaupt Bewegung und nicht vielmehr Stillstand?" Die moderne Wissenschaft weicht geschickt einer solch unerhörten Fragestellung aus und glaubt stattdessen einfältig, sie habe Aristoteles endgültig empirisch widerlegt und objektiviert —  und so überwunden. Forget Aristotle! Wie empirische Fakten, die man mit den Augen sehen kann, beweisen, Aristoteles habe schief gesehen.

Beim phänomenologischen Sehen und in der Philosophie überhaupt geht es natürlich nicht bloß um das sinnliche, sondern um das geistige Sehen, wobei die Sinne durchaus behilflich sein können. Auch beim Elektron geht es um einen geschichtlichen Seinsentwurf (ein geschichtliches hermeneutliches Als, das als ontologisches Gerüst der Welt dient), so daß es das Elektron nur gibt, solange es diesen Seinsentwurf (der elektromagnetischen Feldtheorie) gibt, und es gibt ihn, solange er wahr ist — einem geschichtlichen Entwurf des Wesens der Wahrheit entsprechend. In der Neuzeit ist dieses Wesen der Wahrheit die Wirksamkeit, so daß es das Elektron gibt entsprechend dem Wesen der Wahrheit ALS Wirksamkeit, d.h. Effektivität, Wirkkausalität gepaart mit der linearen Zeit. Die Wirksamkeit des Elektrons sieht man überall in der heutigen Welt. Der Elektromagnetismus wirkt! Ja, ohne das Elektron (ALS solches gesehen durch einen bestimmten mathematisch-physischen Seinsentwurf) gäbe es diese unsere heutige Welt (etwa mit Strom, Telephon, Flugzeug, Elektronik, Fernsehen, der rasant aufkommenden und uns überrollenden Cyberwelt etc. etc.) überhaupt nicht.

Wenn die Dinge funktionieren, warum soll man sich den 'Kopf' darüber zerbrechen, das heutige
Wesen der Wahrheit als Wirksamkeit in Frage zu stellen? Sit back, relax and enjoy the ride! Die philosophische Ethik stellt lediglich die Frage, was sollen wir angesichts der Wirksamkeit der modernen Technologien tun? Die Debatte um die modernen Technologien dreht sich dumpfsinnigerweise stets um das Pro und Kontra, Plus und Minus, d.h. um das, was uns die Technik unter dem Strich effektiv bringt. Eine andersartige Fragestellung kommt gar nicht in den Blick.

Erst der "Schritt zurück" in die Zeitlichtung eröffnet eine Andere Perspektive, in der auch das Wertschätzspiel unter den Menschen und den Dingen trotz allen ontischen Vorverständnisses überhaupt ontologisch sichtbar wird. Es reicht eben nicht, lediglich von "Prozessen" zu reden, denn es gibt auch Produktionsprozesse, und das
Wertschätzspiel ist nicht 'produktiv', hervorgeleitend, d.h. es führt kein vorhergesehenes Ergebnis in die Anwesenheit hervor, sondern ist eben spielerisch und deshalb oft überraschend.                 

Zur Vertiefung: 'Freiheit und Blindheit'.                                          

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