Descartes hat den ersten, rohen, eisernen Käfig des modernen Bewußtseinssubjekts mit seiner ontologischen Trennung von Innen und Außen entworfen und gebaut. Nach ihm haben etliche Denker zum Ausbau und zur Veredelung des Käfigs beigetragen wie z.B. Leibniz, der alle Fenster im Käfig fest zugeschraubt hat, so daß man sich ab sofort auf die Steuerung der Außenwelt durch eine göttlich prästabilierte Harmonie verlassen mußte. Durch diese zweifelhafte Verbesserung ist er zumindest den Cartesischen Dämon losgeworden.
Kant hat schließlich den Käfig mit seinen fein ziselierten transzendentalen Ausbaumaßnahmen vergoldet. Damit wurde der Käfig mit vielen Durchgängen, Wendeltreppen und kleinen Kämmerlein so beeindruckend ausgeschmückt, daß viele spätere Philosophen sich nie von einer ersten Verliebtheit in ihn erholt haben.
Spätestens mit Hegel und seiner Idee des Absoluten, die Subjekt und Objekt vereint, wurden Ausbruchsversuche aus dem Käfig gewagt. Marx, Nietzsche und andere haben nach Hegel auch ihre eigenen Jailbreaks versucht.
Heidegger ist der Ausbruch aus dem Cartesischen Käfig dann in den 1920ern endlich gelungen, das eingekapselte Subjekt wurde zum zeitlichen in-der-Welt Da-sein. Aus lauter Ängstlichkeit wurde diese angebotene Befreiung aber undankbar abgewehrt und bis aufs Messer bekämpft. Alle haben sich unter der soliden Kantschen Eiche im Dorf versammelt, um rigorose Gegenmaßnahmen zu beschließen. Sie vertrauen darauf, daß kein Blitz in die Eiche hineinfährt. In ihren Augen würde die Befreiung zum Verlust der wirksamen Beherrschung aller Bewegung und so zur irrationalen Anarchie führen.
Die moderateren Denker nach Hegel (einschließlich der modernen Wissenschaftler aller Sparten) bis heute haben sich also damit begnügt, den Käfig schön einzurichten und bequem zu möblieren. Sie würden nie im Traum daran denken, sich aus dem Käfig hinauszuwagen. Stattdessen sitzen sie -- jeder für sich -- sicher eingeschlossen auf dem moralisch-ethischen Sofa mit Fernbedienungsgerät, das durch das Gitterwerk des Käfigs hindurch eine rasterförmig modellierte Außenwelt möglichst effektiv kontrolliert.
Vgl. 'Thinking in Clichés'.
17 May 2015
15 May 2015
Axel Honneths Kampf um Anerkennung
Von einem Freund kam der anregende Gedanke, daß Frankfurt ein Ort sein könnte, "an
dem eine offene Auseinandersetzung mit Heideggers Ontologie
richtig platziert wäre." So habe ich ein wenig in der englischen Übersetzung von Axel Honneths Kampf
um Anerkennung gelesen.
Das Thema ist Hegelsch geprägt und zwar vor allem von seiner Phänomenologie des Geists. und seiner Rechtsphilosophie. Letztere stand neben Das Kapital im Mittelpunkt der Bemühungen in den 1970er und 80er Jahren um einen Ausbau des Marxschen Systemfragments zu einer vollendeten kritischen Theorie der bürgerlich-kapitalistischen Vergesellschaftungsweise.
Auffallend ist, daß, Habermasens Fußstapfen folgend, Honneth sein "theoretisches Modell" als eine "normative Theorie" (also nicht sozio-ontologisch) konzipiert, und daß er das Kernphänomen der gegenseitigen Anerkennung als Phänomen der "Intersubjektivität" auffaßt. Also bleibt das metaphysische Setting dasjenige der subjektivistischen Metaphysik, Honneth hält am Entwurf des Menschseins als Subjektivität unbedingt und fraglos fest. Das ist sein Erfolgsrezept -- genau diese rote Linie nicht zu überschreiten, was aber wiederum unbedingt erforderlich ist, um sich mit Heideggers Denken auseinanderzusetzen. So ein Autor erscheint bei Suhrkamp, und das Werseinsspiel der phallischen, suck-my-dick Anerkennung geht blindlings ungestört weiter. Alles ist auf Perpetuierung des Status quo eingeschworen.
Im seinem letzten Kapitel geht es Honneth lediglich darum, die Bedingungen der "kommunikativen Ermöglichung der Selbstverwirklichung" von "menschlichen Subjekten". Diese Bedingungen umfassen dreierlei: "einen gewissen Grad an Selbstvertrauen, gesetzlich garantierte Autonomie und Selbstsicherheit hinsichtlich des Werts der eigenen Fähigkeiten". Nur so, durch diese drei intersubjektiven "Anerkennungsmuster", könne "die Freiheit der Selbstverwirklichung" gelingen (meine Rückübersetzungen). Was ist aber dann aus dem "Kampf" geworden? Wo bleibt die Phänomenalität der Macht in diesem Entwurf von intersubjektiven Bedingungen der Ermöglichung der individuellen Selbstverwirklichung?
Um hier philosophisch, denkerisch überhaupt weiterzukommen, bedarf es m.E. des Rückgangs zum Phänomen der _timae_ (Wertschätzung, Ehre, Warenwert usw.) bei Platon und Anaximander und vor allem Aristoteles, und zwar zusammen mit einem neu einsetzenden Durchdenken des vielfältigen Phänomens der _dynamis_ (Macht, Kraft, Vermögen, Fähigkeit, Geldwert...) D.h. aber: das Denken muß die abgegrasten Gefilde der neuzeutlichen Metaphysik hinter sich lassen, um einen Neuentwurf des Menschseins als players in power interplays zu wagen. Sonst bleibt alles beim Alten.
Was Honneth als seinen Kernbegriff "Anerkennung" Hegelsch apostrophiert, ist bei mir das gegenseitige Wertschätzspiel, das zugleich immer auch ein Machtspiel der Lebensbewegtheit ist, das nicht normativ zu fassen ist, sondern lediglich entlang dem Spektrum von fair and foul, d.h. schön und unschön -- bis hin zu brutal und häßlich. Der Mensch ist in einer anders entworfenen geschichtlichen Zeitlichtung, d.h. in einer anderen Denkart, anders gedacht -- nicht als das Subjekt, das allem zugrunde liegt, sondern als der Spieler, der dem Wertschätzspiel ausgesetzt ist. Da gibt es eine Vielzahl von Spielern im Wertschätzspiel der Welt, die durch eine irgendwie geartete Intersubjektivitätstheorie nicht einzuholen ist. Denn das Inter der Intersubjektivität bleibt ungedacht, als hätten solche Philosophen der Intersubjektivität Tomaten auf den Augen. Selbst die Vielheit der Subjekte liegt der eingeräumten Welt und der Zeit selbst nicht zugrunde, vielmehr ermöglicht erst die Zeitlichtung das Menschsein der Menschen überhaupt. Solche Gedanken bleiben heute noch vorzeitig. Sie gehen auch über Heidegger hinaus.
Bei der Schwarzen-Hefte-Debatte um Heidgger in neuester Zeit z.B. wird auf die "Humanität" (Marten) des Subjekts gern gepocht, um dieses moderne Subjekt gerade vor jedwedem versuchten Neuentwurf zu bewahren. Wo kämen wir denn hin, wenn das moderne Subjekt infrage gestellt werden würde?!! Unsere humane Moralität wäre dahin!! O Schreck!! Das ist der nicht-so-geheime Konsens heute unter den Heidegger-Hassern -- und nicht nur bei denen, sondern überall. Deshalb ist seit langem im Westen denkerisch nichts mehr los.
Vgl. Social Ontology.
Das Thema ist Hegelsch geprägt und zwar vor allem von seiner Phänomenologie des Geists. und seiner Rechtsphilosophie. Letztere stand neben Das Kapital im Mittelpunkt der Bemühungen in den 1970er und 80er Jahren um einen Ausbau des Marxschen Systemfragments zu einer vollendeten kritischen Theorie der bürgerlich-kapitalistischen Vergesellschaftungsweise.
Auffallend ist, daß, Habermasens Fußstapfen folgend, Honneth sein "theoretisches Modell" als eine "normative Theorie" (also nicht sozio-ontologisch) konzipiert, und daß er das Kernphänomen der gegenseitigen Anerkennung als Phänomen der "Intersubjektivität" auffaßt. Also bleibt das metaphysische Setting dasjenige der subjektivistischen Metaphysik, Honneth hält am Entwurf des Menschseins als Subjektivität unbedingt und fraglos fest. Das ist sein Erfolgsrezept -- genau diese rote Linie nicht zu überschreiten, was aber wiederum unbedingt erforderlich ist, um sich mit Heideggers Denken auseinanderzusetzen. So ein Autor erscheint bei Suhrkamp, und das Werseinsspiel der phallischen, suck-my-dick Anerkennung geht blindlings ungestört weiter. Alles ist auf Perpetuierung des Status quo eingeschworen.
Im seinem letzten Kapitel geht es Honneth lediglich darum, die Bedingungen der "kommunikativen Ermöglichung der Selbstverwirklichung" von "menschlichen Subjekten". Diese Bedingungen umfassen dreierlei: "einen gewissen Grad an Selbstvertrauen, gesetzlich garantierte Autonomie und Selbstsicherheit hinsichtlich des Werts der eigenen Fähigkeiten". Nur so, durch diese drei intersubjektiven "Anerkennungsmuster", könne "die Freiheit der Selbstverwirklichung" gelingen (meine Rückübersetzungen). Was ist aber dann aus dem "Kampf" geworden? Wo bleibt die Phänomenalität der Macht in diesem Entwurf von intersubjektiven Bedingungen der Ermöglichung der individuellen Selbstverwirklichung?
Um hier philosophisch, denkerisch überhaupt weiterzukommen, bedarf es m.E. des Rückgangs zum Phänomen der _timae_ (Wertschätzung, Ehre, Warenwert usw.) bei Platon und Anaximander und vor allem Aristoteles, und zwar zusammen mit einem neu einsetzenden Durchdenken des vielfältigen Phänomens der _dynamis_ (Macht, Kraft, Vermögen, Fähigkeit, Geldwert...) D.h. aber: das Denken muß die abgegrasten Gefilde der neuzeutlichen Metaphysik hinter sich lassen, um einen Neuentwurf des Menschseins als players in power interplays zu wagen. Sonst bleibt alles beim Alten.
Was Honneth als seinen Kernbegriff "Anerkennung" Hegelsch apostrophiert, ist bei mir das gegenseitige Wertschätzspiel, das zugleich immer auch ein Machtspiel der Lebensbewegtheit ist, das nicht normativ zu fassen ist, sondern lediglich entlang dem Spektrum von fair and foul, d.h. schön und unschön -- bis hin zu brutal und häßlich. Der Mensch ist in einer anders entworfenen geschichtlichen Zeitlichtung, d.h. in einer anderen Denkart, anders gedacht -- nicht als das Subjekt, das allem zugrunde liegt, sondern als der Spieler, der dem Wertschätzspiel ausgesetzt ist. Da gibt es eine Vielzahl von Spielern im Wertschätzspiel der Welt, die durch eine irgendwie geartete Intersubjektivitätstheorie nicht einzuholen ist. Denn das Inter der Intersubjektivität bleibt ungedacht, als hätten solche Philosophen der Intersubjektivität Tomaten auf den Augen. Selbst die Vielheit der Subjekte liegt der eingeräumten Welt und der Zeit selbst nicht zugrunde, vielmehr ermöglicht erst die Zeitlichtung das Menschsein der Menschen überhaupt. Solche Gedanken bleiben heute noch vorzeitig. Sie gehen auch über Heidegger hinaus.
Bei der Schwarzen-Hefte-Debatte um Heidgger in neuester Zeit z.B. wird auf die "Humanität" (Marten) des Subjekts gern gepocht, um dieses moderne Subjekt gerade vor jedwedem versuchten Neuentwurf zu bewahren. Wo kämen wir denn hin, wenn das moderne Subjekt infrage gestellt werden würde?!! Unsere humane Moralität wäre dahin!! O Schreck!! Das ist der nicht-so-geheime Konsens heute unter den Heidegger-Hassern -- und nicht nur bei denen, sondern überall. Deshalb ist seit langem im Westen denkerisch nichts mehr los.
Vgl. Social Ontology.
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