Die FAZ hat eine neue Serie "Das Digitale denken" eingeleitet, worin u.a. zu lesen ist:
"Anders
als Heidegger aber glauben wir nicht, dass die Lösung dieser
Probleme in der Dimension eines vorintellektuellen, gerade
wegen seiner Unterkomplexität zu feiernden Denkens gelingen
kann. Nicht ausgeschlossen, dass die überlebensnotwendigen
Analysen und Antworten gar nicht in Reichweite des
menschlichen Bewusstseins sind - ..."
Was soll das? Wie kann das fingierte nachintellektuelle, überkomplexe "Wir" dieser deutschen Zeitung darüber entscheiden, was es erfordert, um das Digitale zu denken? Wieso ist es von vornherein ausgemacht, daß das "Bewusstsein" der Ort ist, von dem aus es möglich wäre, das Digitale genuin in die Frage zu stellen? Könnte es sein, daß gerade das Bewußtsein als Wesensbestimmung des Orts des menschlichen Denkens das Hindernis ist, um das Digitale zu denken? Immerhin räumt der Artikel ein, es wäre möglich, daß die "Antworten gar nicht in Reichweite des menschlichen Bewusstseins sind".
Bereits die Ausgangsannahme ist schief:
"Beständig formt Technik unsere Epistemologien um, nicht nur die Strukturen des Wissens, sondern auch die Modalitäten seines Entstehens aus den Reaktionen des Bewusstseins auf die uns umgebende Welt."
Woher die selbstverständliche Sicherheit, daß es ein Bewußtsein gibt, das von einer Welt umgeben ist? Von dieser Trennung her dann die Behauptung, daß eine "Fusion von Bewusstsein und Software" heute unterwegs ist: "Deutlicher und zentraler als je zuvor hängt unsere Existenz vom Bewusstsein ab, sind wir zu einem kaum mehr überbietbaren Grad „cartesianisch“ geworden." Und wenn "wir" mit der digitalen Cyberwelt vollendet "cartesianisch" geworden sind, und gerade die cartesische Metaphysik die Trennung des subjektiven Bewußtseins von der Außenwelt für die Neuzeit entwirft, zeigt das nicht an, daß gerade das Bewußtsein ein Problem geworden ist? Ironisch auch, daß gerade das angeblich "vorintellektuelle", "unterkomplexe" Denken eines Heideggers in tiefgehenden, freilegenden Auslegungen uns Heutigen erst die Augen für den Grundcharakter der cartesischen Metaphysik geöffnet hat. Also sind diese FAZ-Autoren parasitär-undankbar.
Das cartesische Subjekt hat den mathematisierten Zugang in der digitalen Auflösung der Welt in einer Cyberwelt vollendet. Sein Weltverstehen wird ausschnittsweise in Algorithmen niedergeschrieben, die als Programme in Milliarden von Turingmaschinen aller Art ausgelagert werden, um Bewegungen jedweder Art zu steuern, zu beherrschen. De Auslagerung unseres digitalisierten Weltverstehens in Turingmaschinen versetzt diese unheimliche Cyberwelt mit ihren billionenfach ständig zirkulierenden Bit-Strings in die Lage, auf uns Menschen zurückzuschlagen, und setzt so das Subjektsein eines vermeintlichen zugrundeliegenden Sub-jekts außer Kraft. Von diesem geschichtlichen Schicksal haben die Heutigen bisher höchstens eine blasse Ahnung - ein Unbehagen.
Der Wille zur Macht über Bewegungen/Veränderungen jedweder Art hat sich durch Auslagerung von Algorithmen in die Cyberwelt dem Bewußtseinssubjekt gegenüber verselbständigt, und heute stehen wir erst am Anfang der Ermächtigung dieser Cyberwelt, die uns überrollt..Das heißt aber, daß das Bewußtseinssubjekt zu einem Problem geworden ist. Demnach muß das Bewußtseinssubjekt zusammen mit dem mathematisierten Weltzugang hinterfragt werden. Die FAZ-Serie Das Digitale denken dient lediglich dazu, dieses Hinterfragen zu verhindern.
Vgl. dazu The Digital Cast of Being Metaphysics, Mathematics, Cartesianism, Cybernetics, Capitalism, Communication. sowie 'Out of your mind: Parmenides' message'.
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