In my 1996 study, Heidegger's Hölderlin and John Cage,
published also in Italian in Rome in 2000, I pose several
questions, including the following:
"Does the historical 'matchlessness' ('Einzigartigkeit', Heidegger) of National Socialism consist in German being having
destroyed itself in an orgy of self-annihilation? Was the
attempted annihilation of the Jews the successful suicide of
Germany, i.e. German being, as an independent historical
magnitude?"
"Is it not, properly speaking, the German spirit that dissolved in
the smoke of the stacks at Auschwitz? Is the genocide committed on the
Jews at the same time the suicide of the Germans historically?"
Such questions concern not just Heidegger's thinking, but the
historical German Geist itself.
Apart from more thoughtful reflections from commentators such as Peter Trawny and Jonathan Rée, the comments posted in response to articles in The Guardian, Prospect Magazine and elsewhere show that Heidegger's Back in Black with the Schwarzen Heften is apparently a welcome opportunity for many to engage in renewed thoughtless bashing.
So what's new?
In 1941 Heidegger notes in his Black Notebook: "World Jewry,
stirred up by the emigrants let out of Germany, is everywhere
intangible and, despite all its expansion of power, does not
need to participate in military actions anywhere, whereas we are
left with having to sacrifice the best blood of the best of our
own people." (my translation)
Disturbing, nationalistically ugly.
I share Jonathan Rée's critical attitude toward Heidegger's
thinking. To be critical means to distinguish (from Gk.
_krinein_), in this case, the philosophically invaluable from
the untenable and worthless and even downright repugnant.
That so much affective vitriol is stimulated by the name
'Heidegger' in Pavlovian response indicates obliquely that something is at stake here.
If I had to boil down the message of Heidegger's 1927 opus
magnum, 'Being and Time', I'd say, "Being means time" and "Time
is the open clearing of absencing and presencing". Today's
mainstream philosophical and scientific thinking is not up to
speed on this, remaining content with the washing-line of linear time on which to hang its effective causality between beings,
and viciously repudiating any philosophical attempt to rethink
time after two-and-a-half millennia.
Heidegger's detractors like to make fun of him
by mockingly citing, out of context, sentences such as, "The world
worlds". To them I reply:
What about the mathematically exact
statement of the continuity of motion, namely:
"Motion is continuous at time t' if, for any positive epsilon, there is a
positive delta such that for all t on the real time-line closer
to t' than delta, position f(t) is closer to f(t') than epsilon."?
Now,
isn't that a fine joke and absurdity to mull over?
Sprung in die Irre (TO WHOM IT MAY CONCERN9
ReplyDeleteSie sollten Martin Heideggers Werke beschließen: die „Schwarzen Hefte“ von 1939 bis 1941, mit ihrer Hoffnung auf eine Welt ohne Judentum.
„Rechenhaftigkeit“, „Entrassung“ und „Machenschaftlichkeit“. Die Medizin dagegen: Auschwitz. Bild: dpa
Nein, jetzt, nach dem Erscheinen der Bände 95 und 96 der Gesamtausgabe von Martin Heideggers Werken, der „Schwarzen Hefte“ aus den Jahren 1939 bis 1941, ist ein vernünftiger Zweifel nicht mehr möglich: Der Philosoph, der sich lieber als „Denker“ verstanden hat, war ein überzeugter Nationalsozialist. Mehr noch: Sein Denken war bis in die letzten Verästelungen nationalsozialistisch, das heißt, menschenverachtend, das Töten und Sterben verklärend sowie gewollt widervernünftig.
Dieser Befund resultiert aus zwei Umständen: Zum einen sind die nun publizierten Texte alles andere als flüchtige Notizen des Tages, versuchsweise hingeschrieben und dann dem Lauf der Zeit überlassen; nein, es handelt sich um sorgfältige, wohlüberlegte, immer wieder um Genauigkeit von Sache und Ausdruck bemühte Niederschriften. Zum anderen: Diese Aufzeichnungen sind vom Autor, der 1976 im Alter von siebenundachtzig Jahren bei klarem Bewusstsein gestorben ist, gewollt als Abschluss der Gesamtausgabe seiner Werke verfügt worden.
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Das lesende Publikum hat also zu respektieren, dass Heideggers „denkerisches Vermächtnis“ in einem glasklaren Bekenntnis zum Nationalsozialismus besteht. Und zwar trotz aller Kritik, die er im Einzelnen an der Universität im Nationalsozialismus, der biologistischen Fassung des Rassedenkens, ja sogar an Hitler selbst geübt hat.
Wahrscheinlich noch vor Beginn des Zweiten Weltkriegs notierte der noch immer von seinem missglückten Rektorat enttäuschte Denker: „Aus der vollen Einsicht in die frühere Täuschung über das Wesen und die geschichtliche Wesenskraft des Nationalsozialismus ergibt sich erst die Notwendigkeit seiner Bejahung und zwar aus denkerischen Gründen. Damit ist zugleich gesagt, dass diese „Bewegung“ unabhängig bleibt von der je zeitgenössischen Gestalt und der Dauer dieser gerade sichtbaren Formen.“
Martin Heidegger: „Gesamtausgabe Band 94: Überlegungen II-VI (Schwarze Hefte 1931-1938)“. Hg. von Peter Trawny. Vittorio Klostermann Verlag, Frankfurt am Main 2014. 536 Seiten, 58 Euro
Geheimgehaltenes, einsames Denken
ReplyDeleteWie kommt ein Philosoph dazu, jenseits aller opportunistischen Anpassung, einsam in geheimen Aufzeichnungen, den Nationalsozialismus „denkerisch zu bejahen“? Einfach ist es nicht, das, was Heidegger philosophisch wollte, nachzuvollziehen. Worum es ihm ging, war, hinter den mehr als zwei Jahrtausende alten okzidentalen Rationalismus, mehr noch, sogar hinter das weit ältere mythische Denken zurückzugehen und ein Weltverhältnis (wieder)zugewinnen, das Menschen vor der Entfaltung narrativen, aber auch begrifflichen Denkens hatten.
Der US-amerikanische Religionssoziologe Robert N. Bellah hat in seinem 2011 erschienenen Hauptwerk „Religion in Human Evolution“ eine Stufenfolge religiöser Verhaltensweisen im Lauf der Geschichte postuliert: Sie reichen von ersten Formen episodischer, körperlicher Ergriffenheit über mimetische, nicht notwendig sprachlich gefasste Rituale über die großen, mythischen Erzählungen bis hin zu theoretisch reflektierten Theologien. Diesen Stufen entsprechen Weisen herrschaftlicher Vergesellschaftung: von tribalen über archaische Formen, die noch Gottkönige kennen, bis zu den ersten, durch Schrift, stehende Heere und Rechtssysteme gekennzeichneten Hochkulturen. Jene Religionen, die Heidegger in seinen „Schwarzen Heften“ immer wieder auf das Schärfste kritisiert, nämlich vor allem das Christentum, aber auch das Judentum, setzen staatliche Herrschaft, große Erzählungen und – vor allem – den Glauben an transzendente, den Menschen weitgehend entrückte Gottheiten voraus.
Heidegger ging es um den paradoxen Versuch, mit den Mitteln einer reflektierten, philosophischen Sprache jenes Weltverhältnis neu zu artikulieren, das – wie er meinte – die Menschen in ihren frühesten Anfängen vollzogen. Es ging ihm also um die Rekonstruktion und Rehabilitierung eines noch nicht einmal mythischen, sondern eben „mimetischen“ (Bellah) Weltverhältnisses. Die großen Narrative der biblischen Tradition sowie das begriffliche Denken der Philosophie seit Platon galten ihm als Formen der Aneignung von Welt und Natur, die deren Wesen nicht gerecht werden können und sie daher unterjochen müssen.
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16. 03. 2014
Micha Brumlik
Autor und Kolumnist
Themen
Martin Heidegger
Philosophie
Nationalsozialismus
Rassismus
Antisemitismus
Machenschaftliches Unwesen
ReplyDeleteMindestens in dieser Hinsicht kommt Heideggers Philosophie dem Denken von Adorno und Horkheimer in ihrer „Dialektik der Aufklärung“ nahe. Wo sie die „Herrschaft des Begriffs“ sowie das Missachten des „Nichtidentischen“ beklagen, hofft Heidegger auf ein neues Weltverhältnis, das er mit dem Beginn der NS-Zeit gekommen sieht: „Was jetzt geschieht, ist das Ende der Geschichte des großen Anfangs des abendländischen Menschen, in welchem Anfang der Mensch zur Wächterschaft des Seyns berufen wurde, um alsbald diese Berufung umzuwandeln in den Anspruch der Vorstellung des Seienden in seinem machenschaftlichen Unwesen.“
Dieses „machenschaftliche Unwesen“ äußert sich darin, dass Natur und menschliches Leben „gestellt“, kalkuliert, aus ihren ursprünglichen Bezügen gerissen und somit entfremdet werden. Dieser Prozess ist durch Maßlosigkeit gekennzeichnet: In ihm kommt zur Herrschaft, was Heidegger als das „Riesige“ im Unterschied zur „Größe“ bestimmt. Das „Riesige“ kann sich verbergen; jedoch: Ist es einmal als solches erkannt, dann wird deutlich, dass sich in ihm genau jenes Weltverhältnis verbirgt, dem der Nationalsozialismus den Kampf angesagt hat: „Eine der verstecktesten Gestalten des Riesigen und vielleicht die älteste ist die zähe Geschicklichkeit des Rechnens und Schiebens und Durcheinandermischens, wodurch die Weltlosigkeit des Judentums gegründet wird.“ „Weltlosigkeit“ aber ist ein Zustand, der vornehmlich Tieren und Steinen eignet, nicht aber Menschen.
So ist es nur schlüssig, dass Heidegger nicht nur – wie viele deutsche Akademiker jener Jahre – ein ordinärer Antisemit war, sondern dass es ihm darauf ankam, das, was er für „Judentum“ und damit auch für „Christentum“ hielt, zu überwinden, vielleicht: zu seiner Verwindung beizutragen. Die Juden, so Heidegger in den „Schwarzen Heften 1939–1941“, „leben bei ihrer betont rechnerischen Begabung am längsten schon nach dem Rasseprinzip“. Ihren Einfluss verdanken sie einer Schwäche der abendländischen Metaphysik, die deshalb zu einer „zeitweiligen Machtsteigerung des Judentums“ führte, weil sie eine „Ansatzstelle […] für das Sichbreitmachen einer sonst leeren Rationalität und Rechenhaftigkeit“ geboten habe.
Verteidiger Heideggers haben immer wieder darauf hin gewiesen, wie sehr er seinen Lehrer jüdischer Herkunft, Edmund Husserl, respektiert habe. Die Aufzeichnungen widerlegen das. In unmittelbarem Anschluss an die antisemitischen Behauptungen zu „leerer Rationalität“ und „Rechenhaftigkeit“ attestiert er Husserls Philosophie zwar eine gewisse „Wichtigkeit“, die aber „nirgends in die Bezirke wesentlicher Entscheidungen“ reiche.
ReplyDeleteDas Rechnen der Bolschewisten
Diese jüdischen Eigenschaften: „Rechenhaftigkeit“ „Entrassung“ und „Machenschaftlichkeit“ gelten ihm schließlich als die wesentlichen Eigenschaften von Bolschewismus hier und englischem Denken dort, von autoritärem Staatssozialismus und Liberalismus. Sie gehören für den Denker aus dem Schwarzwald schon deshalb zusammen, „weil beide im Wesen dasselbe sind – die unbedingte Entfaltung der Subjektivität in die reine Rationalität“. Beider aber könne sich das „internationale Judentum“, so Heidegger 1941, „bedienen“.
An dieser Stelle ist auf eine überraschende Dimension von Heideggers Überlegungen hinzuweisen: auf seine in den „Schwarzen Heften“ entfalteten, keineswegs kenntnislosen Stellungnahmen zu Lenin und dem Leninismus! Es sind dies Überlegungen, die dem „Linksheideggerianismus“, wie man ihn etwa bei Alain Badiou findet, ein für allem Mal den Boden entziehen dürften. Unter Bezug auf Lenins Wort, dass Kommunismus Sowjetmacht plus Elektrifizierung sei, urteilt Heidegger, dass die Technik weder Mittel noch Zugabe, sondern die „Grundform der Vermachtung der Macht“ sei. Als Kehrseite des Bolschewismus aber galt ihm der „Amerikanismus“: „die historisch feststellbare Erscheinung der unbedingten Verendung in die Verwüstung […] die Zusammenraffung von Allem, welche Zusammenraffung immer zugleich die Entwurzelung des Gerafften bedeutet“. Der Krieg sollte all dies zur Entscheidung bringen.
taz am Wochenende
Am 22. Juni 1941 eröffnete Hitlers Wehrmacht ihren mörderischen Angriff auf die Sowjetunion. Vermutlich im September, „am Beginn des dritten Jahres des planetarischen Krieges“ notierte Heidegger zehn Feststellungen. Feststellung Nr. 9 besagte: „Das Weltjudentum, aufgestachelt durch die aus Deutschland hinausgelassenen Emigranten, ist überall unfaßbar und braucht sich bei aller Machtentfaltung nirgends an kriegerischen Handlungen zu beteiligen, wogegen uns nur bleibt, das beste Blut der besten des eigenen Volkes zu opfern.“
Wenn überhaupt die politische Form des Nationalsozialismus mit all ihrer Unmenschlichkeit und Widervernunft einer philosophischen Artikulation fähig war, dann war es Martin Heidegger, der diese Artikulation versucht hat. Sie musste freilich – sogar jenseits aller Moral – schon deshalb scheitern, weil es ein Unding ist, mit den Mitteln begrifflichen Philosophierens ein vorbegriffliches, noch nicht einmal mythisches Weltverhältnis zu rekonstruieren. In einem helleren Augenblick war das Heidegger auch bewusst. In den „Überlegungen XIII“ notierte er: „Der Denker springt stets hinter sich her, weil er sich schon übersprungen haben muß.“
ein Text aus der taz
von Micha Brumlik
I can't agree with Micha Brumlik's assertion that Heidegger was concerned with "reconstructing with the means of conceptual philosophizing a pre-conceptual, not even mythical relation to the world". On my reading, Heidegger's invaluable insight consists in retrieving Parmenides' message that "being and minding are the same" -- namely, they are the sphere of time. Time is spherical (Gk. _sphairos_) because it is the three-dimensional time-clearing with its three 'ex-stasies'. This time-clearing (the mind) is open to the presencing and absencing of occurrents. Thus is the break with the metaphysical, linear time of effective causality made that today is still everywhere hegemonic. With today's neuroscience, the attack on the mind by effective causality is reaching its climax. And there is scarcely any resistance.
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